Erwachsenen-Instrumentalunterricht

“Es ist nie zu spät, da es um die Musik geht! “

Erwachsenen-Instrumentalunterricht am Beispiel Klavier / Referent: Prof. Dr. Herbert Wiedemann

Hinsichtlich der Rezeption und Ausübung von Musik wirken die Massenmedien in zweifacher Hinsicht: Einerseits erziehen sie zu passivem Konsumieren, andererseits motivieren sie zu musikalischer Eigenaktivität.

So ist zu beobachten, dass neben dem weitaus größeren Teil Erwachsener, die Musik vorwiegend passiv in den Medien konsumieren, auch immer mehr Menschen das Bedürfnis haben, Musik selbst auszuüben und sie angemessen zu hören und zu erleben.

Entsprechend der Vielfalt, mit der sich Musik in den Medien darstellt, verbinden auch die Erwachsenen die unterschiedlichsten Vorstellungen mit ihrem Wunsch nach musikalischer Eigentätigkeit.

So will beispielsweise eine Mutter das Klavierspiel erlernen, um ihre Geige spielende Tochter am Klavier begleiten zu können, eine Studentin auf der Querflöte improvisieren, um ihre Gruppenmitglieder bei Tai-Chi begleiten zu können, ein Angestellter sein Violinspiel wieder auffrischen, um in einem Salonorchester mitspielen zu können, und ein Pizzeriabesitzer einige Gitarrengriffe und Begleitmuster lernen, um seinen Gästen neapolitanische Volkslieder vortragen zu können.

Die unterschiedlichsten Erwartungen und Wünsche, die Erwachsene mit dem Erlernen eines Instruments verbinden, korrelieren positiv mit den unterschiedlichsten Motiven, ein Instrument spielen zu wollen.

 

Motivation zum Instrumentalspiel

Eine 1988 durchgeführte Umfrage des VDMK bei Privatmusiklehrern ergab, dass bei einem hohen Prozentsatz der Erwachsenen, die Motivation für das Instrumentalspiel aus der Vorliebe für bestimmte Stilrichtungen (60,6%) und aus der Identifikation mit Interpreten (34%) resultiert.

Das bestätigt die oben gemachte Feststellung, dass die Medien den Wunsch nach musikalischer Eigentätigkeit wecken. Die Stimulierung durch die Medien bringt aber auch mit sich, dass die Erwachsenen ganz konkrete auditive und visuelle Vorstellungen von ihrer musikalischen Eigentätigkeit haben und die Ergebnisse der Tätigkeit be-Wust oder unbewusst an ihnen messen.

Der Erwachsene erwartet vom Lehrer, dass er ihm dabei hilft, seine Vorstellung von musikalischer Tätigkeit am Instrument umsetzen zu können. „Die Bestätigung des Selbstbildes als Motivationsanteil zum aktiven Umgang mit Musik ist ein gemeinsamer Faktor musikandragogischer Zielgruppen.

Gerade im Erwachsenenunterricht ist es daher wichtig, die Vorliebe des Einzelnen für bestimmte Musikrichtungen und seine Identifikation mit vermittelten Inhalten wertfrei zu betrachten, da jeder Gehalt von Musik, ob textlich oder musikalisch vermittelt, durch Identifikation zu psychologischen Wirklichkeit des einzelnen wird“ (Heider 1986).

Diese wertneutrale Betrachtungsweise verlangt manchmal vom Lehrer ein hohes Maß an Toleranz, denn er sollte den erwachsenen Schüler selbst dann ernst nehmen, wenn er die von ihm gewünschte Musik ablehnt. Solche Konflikte sind dann vorprogrammiert, wenn beispielsweise der kunstmusikorientierte Lehrer „halbherzig“ einen popularmusikinteressierten Erwachsenen unterrichtet.