Außerdem mangele es ihnen an Kenntnissen über die spezifischen psychischen und physischen Bedingungen Erwachsener und den darauf abgestimmten pädagogischen Konzepten. Hier könnte die Weiterentwicklung von Theorien zu Wahrnehmungsverarbeitung bei Erwachsenen Abhilfe schaffen.
Diese Theorien zeigen deutliche Unterschiede zur Wahrnehmungsverarbeitung bei Kindern und könnten – durch Systematisierung und Differenzierung – durchaus hilfreich für die Entwicklung einer Instrumentaldikaktik für Erwachsene sein. Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitung bei Erwachsenen
Wahrnehmungsverarbeitung als Korrelate zweier interagierender Hirn-hemisphären
Wahrnehmungsverarbeitung unter Berücksichtigung von epistemischen und heuristischen Denkstrukturen
Wahrnehmungsverarbeitung im Hinblick auf Zielbildung und Aufmerksamkeit
Hemisphärenspezialisierung und Instrumentalspiel
Erkenntnisse der Gehirnforschung weisen darauf hin, daß zwei unterschiedliche Denkweisen (intellektuell-intuitiv) biologisch-funktional in den beiden Informations-verarbeitungssystemen der beiden Hirnhemisphären begründet sind.
Diese Theorien basieren im wesentlichen auf Untersuchungsergebnissen von R. Sperry mit split-brain Patienten (Epileptiker, denen die Nervenverbindungen, die beide Hemisphären verbinden, durchtrennt wurden).
Bei Untersuchungen mit diesen Patienten konnte Sperry entdecken, daß die Verarbeitung unterschiedlicher geistiger Leistungen funktional auf beide Hirnhälften verteilt ist.
So gilt als wissenschaftlich gesichert, daß die linke Hemisphäre für die Sprache zuständig ist, wichtiger noch, daß sie in Worten, die rechte dagegen in Bildern denkt. Bezüglich der bildhaften Auffassung ist die rechte Hemisphäre der linken überlegen, was insbesondere beim Ertasten von Mustern und beim Kopieren von Zeichnungen wirksam wird.
Viele Forschungsergebnisse weisen darauf hin, daß die rechte Hemisphäre nicht nur beim Zeichnen der linken überlegen ist, sondern auch hinsichtlich vieler Komponenten musikalischer Informationsverarbei tung.
Ergebnisse, die mittels dichotischem Hörtest gewonnen wurden, lassen darauf schließen, daß die rechte Hemisphäre dominant ist für langedächtnis, langunterscheidungsvermögen bzw. Klangvorstellung und zeitliches Empfinden musikalischer Abläufe.
Dagegen scheinen Fähigkeiten, die mit Tonhöhenunterscheidung und Rhythmus im Zusammenhang stehen, eher in der linken Hemisphäre lateralisiert zu sein. Da die linke Hemisphäre für die Verbalisierung und die Codierung von auditiven und visuellen Wahrnehmungen zuständig ist, dominiert sie auch bei allen musikalischen Aufgaben, die mit Notenlesen und Notenschreiben im Zusammenhang stehen.
Aufgrund der Dominanz der rechten Hemisphäre bezüglich musikalischer Fähigkeiten wäre zu erwarten, daß sie beim Musikmachen die führende Rolle spielt. Dem steht aber die üblicherweise vorherrschende Dominanz der linken Hemisphäre beim Erwachsenen im Wege.
Es ist nämlich nicht selbstverständlich, daß die für die jeweilige Aufgabe geeignetere Hemisphäre deren Bearbeitung übernimmt, sondern meist ist es die Erziehung, die bestimmt, welche Hemisphäre dominiert.
Aufgrund unserer Erziehung und Sozialisierung, die vorwiegend die sprachlich-analytische Verarbeitungsweise fördert, übernimmt die linke Hemisphäre – besonders beim Erwachsenen – oft auch die Verarbeitung von ihr nicht gemäßen Aufgaben, etwa beim Zeichnen oder Musizieren.