Ein Mehr an Toleranz entsteht, wenn der Lehrer die Hinwendung des Erwachsenen zur musikalischen Aktivität als „psychologischen Schritt“ des Einzelnen begreift, nämlich als Schritt vom konsumorientierten Verhalten zum handlungsorientierten Umgang mit Musik.

Das Ernstnehmen und die Toleranz des Lehrers gegenüber der „musikalischen Identität“ des erwachse-en Schülers schließt natürlich auch ein, Alternativen der Begegnung mit Musik aufzuzeigen und Ziele daraufhin zu entwerfen.

Dadurch werden zwei wünschenswerte Wege ermöglicht: Entweder beendet der Schüler den Unterricht dann, wenn er die Vorstellung von seiner Eigentätigkeit eingelöst sieht, oder er setzt sich neue Ziele und lässt sich vom Lehrer weiterführen.

 

Unterrichtsmethoden und Ausbildung der Instrumentallehrer

Die Frage nach Unterrichtsmethoden mit Erwachsenen zeigt, dass viele Lehrer anhand von Instrumentalschulen und Spielheften unterrichten. Der größere Teil der Lehrer entwickelt aber auch selbst Übungen im Unterricht, die auf die Bedürfnisse der Erwachsenen ausgerichtet sind.

Daraus folgt, dass selbst dann, wenn ein umfassenderes Repertoire an Schulen und Spielheften für Erwachsene zur Verfügung stünde, der Lehrer durch die unterschiedlichen Voraussetzungen und Erwartungen der Lernenden immer gefordert sein würde, flexibel auf individuelle musikalische Wünsche und technische Probleme zu reagieren und darauf abgestimmte Übungen zu entwickeln.

Dazu ist er jedoch nur in der Lage, wenn er selbst über vielfältige Erfahrungen, beispielsweise mit Spielmodellen ohne Noten, Improvisation, Gruppenmusizieren, meditativer Musik und rock-pop-jazz-bezogenen Spiel- und Improvisationsmodellen verfügt.

Darüberhinaus sollte der Lehrer im Unterricht mit Erwachsenen fähig sein, „sich in die Lebenssituation und die individuellen Schwierigkeiten von Spät-Lernenden einfühlen zu können, und bereit sein, Ziele seiner instrumentalpädagogischen Arbeit aus diesen abzuleiten und nicht als „Abstrakte Norm“ zu verfolgen“ (Grimmer 89).

Viele Lehrer, die Erwachsene unterrichten, fühlen sich durch ihre Ausbildung nicht ausreichend auf diesen Unterricht vorbereitet. Ihrer Meinung nach fehlen einerseits Veranstaltungen, die sich mit den physischen und psychischen Prädispositionen Erwachsener und einer daran abgeleiteten Didaktik und Methodik des Instrumentalunterrichts befassen.

Andererseits würden kreative Umgehensweisen mit dem Instrument in der Ausbildung zu wenig berücksichtigt, beispielsweise mit Hilfe von Spielmodellen ohne Noten, Improvisation, freiem Musizieren in der Gruppe, meditativen Spielformen, Musik anderer Kulturen und schöpferischem Umgang mit Musiklehre- und Gehörbildungsinhalten am Instrument.

Dagegen orientiere sich die Instrumentaldidaktik besonders bei Tasten- und Streichinstrumenten immer noch ausschließlich am romantischen Virtuosenideal und an der Reproduktion komponierter Stücke.

Da sich viele Lehrer nicht ausreichend für den Erwachsenenunterricht ausgebildet sehen, stehen sie diesem neuen „Schülerpotential“ eher ablehnend und zurückhaltend gegenüber.

Sie begründen ihre Ressentiments beispielsweise damit, dass es kaum Fortbildungsmöglichkeiten in diesem Bereich gebe und wenig Unterrichtsmaterial zur Verfügung stehe. Ihre eigene Ausbildung, die im wesentlichen aus einer rudimentären Virtuosenausbildung bestehe, befähige sie nicht, flexibel auf die vielfältigen Wünsche und Erwartungen Erwachsener reagieren zu können.